-_dd denkt laut
Freitag, 2. April 2004
day-o !



über harry belafonte macht man sich heutzutage gern lustig.
zu unrecht.

stimmt schon, die "greatest hits", mit "banana boat song, "mathilda" und "island in the sun" findet man bei den grosseltern im regal neben james last und freddy quinn.
und weitgehend wird belafonte bis heute als schlagersänger gesehen und rezipiert.
und das ist auch legitim, bis zu einem gewissen grad.
aber: das selbe könnten Sie auch über leonard cohen, elvis und die beatles sagen.

belafonte hatte leider immer schon das verstaubteste denkbare publikum. und er hatte es mit absicht.
denn belafonte war nie interessiert daran, eulen nach athen zu tragen.

vergessen Sie nicht:
belafonte war der erste "weltmusik" -act.
(nein, josefine baker gilt nicht. und yma sumac war später).

seine frühen alben - allen voran das legendäre "concert at carnegie" sind noch immer ein genuss.

belafonte hat die eleganz eines duke ellington, die seele eines louis armstrong, das musikalische genie eines charlie parker, den charme eines sammy davis jr, den verkifften humor eines dizzy gilespie und die vision eines martin luther king.

er war der erste pan-afrikanische musiker, der erste, der afrikanische und karibische musiken direkt zu folk, jazz und blues in beziehung gesetzt hat.

aber belafontes verdienst ist noch viel grösser:

natürlich können Sie belafonte der anbiederung ans weisse publikum bezichtigen;
aber da ist nichts böses an "zugänglichkeit".
und auch kompromisse sind legitim.
vor allem, wenn es um die überwindung von grenzen geht, die so starr sind wie die zwischen dem weissen establishment und der schwarzen (sub)kultur im amerika der 50er-jahre.

niemand, wirklich niemand war zwischen 1955 und 1965 so erfolgreich darin, schwarze kultur - und das wissen um schwarze kultur - für ein weisses mitelklassepublikum erfahrbar zu machen.

betrachtet man belafonte´s erfolg gerade auch hierzulande im zeitlichen kontext, wird schnell der soziologische impact, den dieser künstler hatte, deutlich.
wer sonst kann von sich behaupten, millionen ehemaliger hitler-jugendlicher für afrikanische kutur begeistert zu haben ?

wenn Ihnen in nächster zeit am flohmarkt eine harry belafonte-schallplatte in die hände fällt:
ich verlange nicht, dass Sie es kaufen.
Sie müssen´s noch nichtmal anhören.
aber seien Sie demütig:
harry belafonte hat Ihren tiefen respekt verdient.

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Last modified: 16.10.10, 11:40
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